I. EINFUEHRUNG
Dieletzten Jahrzehnte haben bedeutende Ergebnisse auf dem Gebiet der Stilistikgebracht. In zahlreichen Lehrbuechern, Monographien und Beitraegen wurdengrundlegende Prinzipien weiterentwickelt und im Einklang mit dem Fortschritt der Sprachwissenschaft umgewertet. Einer desBereichs der Stilistik umfasst den Abschnitt, der «Feste Wortverbindungen»genannt wird. Dieses Thema ist sehr interessant und umfangreich. DieAusdrucksmoeglichkeiten in der deutschen Sprache sind mannigfaltig und reich.
Jede entwickelte Sprache umfast einegrosse Zahl von Wörtern.Die Entwicklung des Wortbestandes läuftparallel mit der Entwicklung der Gesellschaft; er verändert sich mit denwirtschaftlichen, politischen und kulturellen Veränderungen der Gesellschaft.Zu diesem Zwecke werden neue Wörter und neue Wortverbindungengebildet oder schon vorhandenenWörtern werden neue Bedeutungen übertragen.
Im Text treten die Einzelwörternicht als isolierte sprachliche Gebilde in Erscheinung, sondern sie sind miteinnanderverbunden und aufeinnander bezogen. Aus der Vielzahl der dem Autor zurVerfügung stehenden Wörter greift er sich jene heraus, die ihmfür seine Aussage am geeignetsten erscheinen und fügt sie zusammen,verbindet sie; es entstehen Wortverbindungen.
Dochsetzt der Autor seine Aussage nicht immer nur aus Einzelwörtern zusammen. Vielmehr haben sich viele Wörter schon mit anderen sofest verbunden, sind mit anderen schon in
eine feste Gemeinschaft eingegangen, eine Wortehesozusagen, in der sie sich gegenseitig stützen und ergränzen, dasssie dem Autor gemeinsam in den Sinn kommen. Die Sprache hält dem Autor also nicht nurEinzelwörter bereit, sondern auch Wortverbindungen, gleichsam sprachlicheGebrauchsmuster, Modelle.
Solche feste sprachliche Verbindungen findensich in erster Linie dadurch begründet, dass sich gleiche Vorgängeund Sachverhalte im gesellschaftlichen Leben vielfach wiederholen. Dadurchdrängen sich dem Menschen immer gleiche Wortverbindungen als normativeBezeichnungen für diese Sachverhalte in den Mund:
den Plan erfüllen
Bericht erstatten
Es entstehen sprachlicheStandarts. Nun können sich Wörter aber auch in der Weise verbinden.Dieser Vorgang heisst Idiomatisierung oder Phraseologisierung. DieseFügungen sind dann nichts mehr auf eine bestimmte konkrete Situationfestgelegt, z.B.
die Hände in den Schosslegen – müssig sein
und können auch sprichwortartigen Charakterannehmen, z.B.
Eine Hand wäscht die andere
Da diesen Fügungentrotz ihres allgemeinen Aussagegehaltes eine konkrete Ausgangssituationzugrunde liegt, tragen sie mehr oder weniger bildlichen Charakter, je nachdem,inwieweit der Leser die Übertragung von einer konkreten Ausgangssituationempfindet.
Man kann auch sagen, dass diese Fragen schon in vollemMasse erforscht wurden, aber dochmoechte ich meine Diplomarbeit dem Thema «Feste Wortverbindungen» widmen.
Ich bearbeite mein Thema vom Standpunkt der Phraseologieforschungund der Sprachverarbeitungsforschung. Mein Ziel ist es, mittels der Dateneiner Untersuchung die Faktoren zu erfassen, die das Verstehen idiomatischerPhraseologismen (Phraseologie im engeren Sinne) in der Fremdsprache Deutschbeeinflussen.Nach einer kurzen Einführung in der Phraseologieforschung und der Diskussion den aktuellen theoretischenAnsätze zum Verstehen von Phraseologismen werden die Ergebnisse meinerUntersuchungen dargestellt.
Indieser Arbeit befasse ich mich mit deutschen Phraseologismen, phraseo-logischenEinheiten im allgemeinen und mit Phraseolexemen, Idiomen, Sprichwoertern, Aphorismen, und Zitaten.
II.Stilistischer Wert der stehendenWortverbindungen
1.Vorwiegend nominative stehende Wortverbindungen
Wie aus zahlreichenArbeiten zur Phraseologie (*1) hervorgeht, stellt dieser Problemkreis eineKreuzung von semantischen, stilistischen und grammatischen Lienien dar.Aufgrund einer Komplexmethode mit strenglinguistischen Kriterien kam I.I.Tschernyschewa(*2 )in ihrer Monographieüber die Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache zu einerGegenüberstellung fester (stehender) Wortverbindungen phraseologischen undnichtphraseologischen Typs. Die folgenden Ausführungen gründen sichauf eine stilistische Klassifikation(*3) des Sprachmaterials, dienaturgemäss eng verbunden ist mit der realen Verwendung der Gruppen undUntergruppen in unterschiedlichen kommunikativen Bereichen – daher mancheÜberschneidungspunkte mit der funktionalen Klassifikation.
Man unterscheidet zunächst in grobenUmrissen feste Wortverbindungen, deren kommunikative Hauptfunktion inder Nennung bestimmterWirklichkeitserscheinungen besteht; sie sind meist funktionalstilistisch, seltener normativ-stilistisch und nur vereinzelt expressiv markiert. DerGesamtsinn derartiger Wortverbindungen ergibt sich aus der Summe der einzelnen lexischen Elementein direkter Bedeutung; in manchen Fällen kann allerdings ein Glied der Wendung übertrageneBedeutung annehmen.
Man bezeichnet diese Gruppe als vorwiegendnominative stehende Wortverbindungen.
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(*1) Степанова-Чернышева;Чернышева;Кунин; Болдырева
(*2) Чернышева
(*3) Щукина; Riesel
Hierher gehören:
1)die sogenannten lexischen Einheiten – substantivischen undverbalen Fügungen, in der Regelmit funktionalstilistischer Charakteristik, wie z.B. die politökonomischeBezeichnung Rat der Gegenseitigen Wirtschaftshielfe (RGW) oder der midizinische Terminus künstlicheNiere ( Gerät, das dieFunktion der Niere übernimmt); Schachspieltermini wie Schach bieten ( den König angreifen), das Schach decken ( den Angriffabwehren). Diese Untergruppe ist durch Stabilität gekennzeichnet, d.h. diehierher gehörigen Wendungen lassen kaum semantisch-stilistischeVariationen zu.
2) Streckformen desVerbs( analytische Verbalverbindungen)
Sie können funktional stilistisch markiertsein: zum Versand bringen, in Rechnung stellen, (Handelsverkehr); siekönnen sich durch stilistische Gehobenheit vom einfachen Verbunterscheiden: ein Geständnis, einen Schwur ablegen – gegenübergestehen, schwören.
1.1. LexischeEinheiten
Die substantivischen undverbalen Fügungen ( lexische Einheiten)werden hauptsächlich in derSachprosa sowie in Presse/ Publizistik verwendet. So heisst es z.B. in einemInterview mit einem Wissenschaftler, Fachmann auf dem Gebiet der Nierentransplantation :
Zum Beispiel:
Sobald die anfallendenNieren eintreffen, wird der Patient, der bisher mit der künstlichen Niereleben musste, einer Transplantation zugeführt.
Zwar ist die eng spezialisierteFügung eine anfallende Niere demLaien nicht verständlich, dem Urologen gibt sie aber eine eindeutige,sprachökonomische Erkläerung:es handelt sich um eine für den konkreten Kranken geeignete Niere mitweitgehender Übereinstimmung der Gewebsgruppen. Daher stösst sie derOrganismus nicht ab, im Gegenteil, er lässt sich von der fremden Niereanfallen ( hier im positiven Sinn, während gemeinsprachlich unter diesemVerb ein feindliches Überfallen verstanden wird).Im zitierten Textfür Fachleute kommt der nominativen Wortverbindung überzeugenderNachdruck und sogar Anschaulichkeit zu ( Modell der aktuellen Stilfärbung: Stil der Wissenschaft – neutral- neutral).
Sobald sichdie funktional begrenzte Bedeutung einer substantivischen oder verbalenWortverbindung erweitert und in alle kommunikativen Bereiche desGesellschaftsverkehr eindringt, geht die partielle Stilfährbung meist zurallseitig neutralen Markierung über.Dies betrifft z.B. die stilitischen Modellefolgender Wendungen:
weisse Flotte– Fahrgastschiffe für Ausflugsverkehr
Freie und Hansestadt Hamburg –allgemeingebräuchliche Bezeichnung für Hamburg als Land der BRD
Rechenschaft (von jmdm.) fordern– ursprünglischterminologisch nur im Amtsbereich, heute neutrall in allen kommunikativenTeilgebiten des Sprachverkehrs.
Das sind die Meinungen von Stepanova undChernischowa, aber es gibt noch viele Stilisten, die verschiedenelinguistischen Untersuchungen undwissenschaftliche Abhandlungen darlegen.
Laut der Meinung von Wimmer und Rainer, sind die Phraseologismen Einheiten, die aus mehr als einem Wort bestehen und in dieserForm(evtl. einer Variante davon) lexikalisiert sind. Phraseologismen imweiteren Sinn sind durch
Polylexikalität und Festigkeit charakterisiert.
jmdm. einen Auftrag erteilen
die Zähne putzen
Die Festigkeit ist eine Manifestation derGebräuchlichkeit einer bestimmten Wortverbindung. Sie kannzusätzlich auf die Bindung an eine typische Gebrauchssituationzurückgehen, die pragmatische Festigkeit bzw. Routineformeln erzeugt.
nicht wahr
alles Gute zum Geburtstag
Phraseologismenim engeren Sinn sind zusätzlich durch Idiomatizität bestimmt, dadurchalso, dass die Komponenten eine durch die syntaktischen und semantischenRegularitäten der
Verknüpfung nichtvoll erklärbare Einheit bilden
jmdm. einenKorb geben im Sinne von jmdn. Abweisen
Die so durch syntaktische oder semantischeIrregularität entstehende Festigkeit ist eine strukturelle Festigkeit.
Hals über Kopf weglaufen
Insemantischer Hinsicht können Phraseologismen von den Bedeutungen derKomponenten her motiviert und
damit (u.U.) leichterverstehbar oder nicht-motiviert bzw.besonders idiomatisch sein. Einebedeutende Art der Motivation ist die metaphorischeMotivation. Aus den Besonderheiten der Struktur als lexikalische Einheitenergeben sich besondere Möglichkeiten des Gebrauchs und des Verstehens undbesondere Möglichkeiten der phraseologischen Sprachbewusstseins: So kannneben dem eindimensionalen Gebrauchen und Verstehen der phraseologischenBedeutung zusätzlich die Bedeutung der freien Wortverbindung aktualisiertwerden, sodass zwei Bedeutungen involviert sind. Besonders charakteristischsind solche Verwendungsweisen für Wortspiele,
in der Werbung oder in literarischen Texten,beispielsweise im folgenden (politisch nicht korrekten) ”Witz”:
A: Meine Frau kann die Bergenicht leiden.
B: Wieso?
A: Weil das Echo dasletzte Wort hat.
1.2. STRECKFORMEN
Die Streckformenbilden eine eigenartige Untergruppe der vorwiegend nominatiwen Wortverbindungen,bestehens aus einem Verbalabstraktum und einem Funktionsverb (*1), wie etwa:
zurVerlesung bringen – verlesen
Sie könnenfunktional stilistisch markiert sein:
zum Versandbringen,
in Rechnung stellen,(Handelsverkehr);
Sie könnensich durch stilistische Gehobenheit vom einfachen Verb unterscheiden:
ein Geständnis, einen Schwur ablegen – gegenübergestehen,
schwören
Die BezeichnungFunktionsverb geht darauf zurück, dass ein anderes, meistausdrucksschwaches Verb die syntaktische Funktion des Grundverbs übernehmen muss, da dieses selbst zumsinntragenden Abstraktum substantiviert wird. Gerade an diesem Typ lässtsich ein Wandel der sprachlichen Normen in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts nachweisen. Wenn noch bis in die letzten Jahrzehnte die substantivisch-verbalen Wortverbindungender Streckformen als Papierdeutsch verpönt waren, sowurde mit allmählichen, aber unleugbaren Vordringen des Nominalstils (*2)auch die Einschätzung dieser analytischen Verbalfügung geändert.
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(*1)Polenz
(*2) Nominalstil, S.113/117
Zumindestwurde ihre summarische Verurteilung als schwerfälliges, ja schlechtesdeutsch seltener, und man begann, die kommunikativen und stilistischenVorzüge der Konstruktion zu untersuchen.
Gewissdürfen Übertreibungen nichtgebilligt werden, doch muss jeder Deutschinteressierte die so langeunbeachteten kommunikativen und stistischen Werte der Streckformen verstehen lernen.
Vor allem muss man feststellen,dass die analytische Verbalverbindung durchaus nicht immer gemeinsprachlichesSynonym des Grundverbs ist.
Denn einmal kann sieauf sprachökonomische Weise die Information bereichern, indem sie dieAussage inhaltlich praezisiert, zum andern vermag auch den funktionalenStilbereich und das berufliche Kolorit zu untermalen. Dem einfachen Verbbeweisen kann unmöglich derselbe Grad von semantischer und stilistischerKlarheit eigen sein, den man bei den juristischen Termini einen ( überzeugenden, unwiderlegbaren) Beweis antreten, liefern,wahrnimmt. Wer einen Beweis antritt, ist noch sicher, ob er ihn auch wirklichbeibringen kann.
Wennetwas unter Beweis gestellt wurde, bedeutet dies- trozt Bericht in der Ebeneder Vergangenheut- noch lange nicht, dass das Ergebnis positiv ausfiel.
DieWörterbuecher geben in diesen undähnlichen Fällen meist den Hinweis auf den spezifischenKommunikationsbereich ( also in den vorangehenden Beispielen Jur.) undanschlissend oft: sonst papierdeutsch
— eine stilistische Kennzeichnung, gegen die man Einwand erhebenmöchte. Es kommt nicht nur auf die funktionale Sphäre des Gesellschaftsvehrkehrs an, sondern vor allem auf dieBedeutunsnuance in der jeweiligenSprechsituation.
Zweifellos ist der einfache Satz Ichdanke Ihnen vielmals schlichter als die gehobenen und feierlichen Worte: Ich möchte Ihnen meinen(aufrichtigsten, herzlichsten, innigsten,wärmsten) Dank ausdrücken.
Aber desshalb ist erdoch nicht absolut „besser“, wie es in manchen Wörterbüchern heisst.Von der Veranlassung des Danksagens, von den näheren Umständen, unterdenen der Dank ausgesprochen wird, hängt es ab, welche Aussageformmotiviert ist, die einfache oder die komplizierte. Verallgemeinerungenparadigmatischer Art sind hier nicht am Platz.
Unverkennbar ist der Stilwert des Satzrhythmus, den derStreckform-Gebrauch mit sich bringt.Bekanntlich steht das finite Verb imDeutschen an der am schwächsten betonnten Stelle des Aussagesatzes.
Bei der substantiwisch-verbalen Wortverbindung, die seinerzeit zu Unrecht von E.Engel(*1) mit dem Schlagwort„ Aus Eins nach drei!“ verspotet wurde (d.h. aus einem Wort mach drei Worte!), kommt der eigentlich Sinntraeger deranalytischen Gruppe, das substantivierte Verb, ans Saztende und damit an denrhytmischen Schwerpunkt.
Die rhytmische Wirkung derStreckform kommt auch im Frage und Ausrufesatz zur vollen Geltung. Solässt W.Borchert in senem Hörspiel „Draussen vor der Tuer“ denHeimkehrer klagen:
Wo ist denn der alte Mann, der sichGott nennt?
Warum redet er denn nicht?
Gebt doch Antwort!
Warum schweigt ihr denn? Warum?
Gibt denn keiner eine Antwort? Gibt keiner Antwort?
Gibt denn keiner, keiner Antwort?
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(*1) V.Schmidt
Daswaren die Untersuchungen von E.Rieselund E.Schendels und ich moechte auch die Meinung von Wolfgang Fleischer zudiesem Thema darlegen.
Laut der Meinung von Fleischer sind die Streckformen
die sogenannten „einfachenphraseologischen Wendungen“.
unterBeweis stellen
in Anrechnung bringen
zur Entscheidunggelangen
EinGlied der Wendung, meist das Zeitwort, ist abgeblasst oder teilweiseumgedeutet. Die Gesamtbildung ist jedoch ausden Einzelteilenzu begründen; in vielen Fällen istsie nur die erweiterte Umschreibung des Zeitwortes. Die Wörter könnenin sehr begrenztem Masse gegen bedeutungsnahe ausgetauscht werden.(*1)Die Wendungen werden auch als Streckformen(*2) bezeichnet, da nebenihnen mehr oder weniger synonym oft ein einfaches Verb steht, als dessen‘gestreckte’, erweiterte Form die Wendung aufgefast wird:
verkaufen – zum Verkauf bringen
kämpfen- einen Kampf führen
Die in diesen Wendungen gebrauchten Verben bezeichnet man bisweilenals Funktionsverben(*3), da die wesentlichen Abbildelemente der ganzenKonstruktion sich auf das Substantiv verlagert haben und die Verben nur die„Funktion“ haben, syntaktisch-morphologische Merkmale zu tragen (Tempus, Modus,Prädikatsbeziehung); daher auch die Bezeichnung Funktionsverbgefüge für diese Wendungen. (*4).
(*1) Wörter und Wendungen
(*2) V.Schmidt; Die Streckformen desdeutschen Verbums
(*3) P.Polenz; Funktionsverben in heutigen Deutsch
(*4) P.Polenz; Funktionsverben
Die Wendungen sind im Unterschied zu der weiter obenerwähnten Gruppe der phraseologischen Einheiten und Idiome nichtgrundsäzlich expressiv. Nicht selten vermögen sie eine Lücke imArsenal unserer sprachlichen Ausdrucksmittel zu schliessen, weil es einentsprechendes Einzelwort überhaupt nicht so gibt.
in Übereinstimmung bringen
zur Explosion bringen
ein Gesetzverabschieden
zur Verfügungstehen
zur Geltung kommen
Auch dort, wo ein entsprechendes Einzelwortvorhanden ist, gibt es meist semantische und andere Unterschiede zwischenbeiden lexikalischen Einheiten. Man haelt deshalb die gelegentlich immer noch geäusserteAnsicht, solchen Wendungen gegenüber sei „ Zurückhaltung am Platze“und „ das überflüssigGedehnte“ sei „mangelhaft“, für nicht treffend. Da die Wendungen eineBereicherung unserer Ausdrucksmittel darstelle, sind sie grundsätzlichpositiv zu bewehrten. Ausdrucksmängel sind hier nicht häufiger alsbeim Gebrauch anderer Synonyme und sonstiger sprachlicher Mittel.
Nach der Meinungen vonStilisten nennt man phraseologischeWortfügungenfesteWortverbindungen, , bei denendie stilistischen Kategorien Bildkraft, Emotionalität, und damit auchEindringlichkeit undÜberzeugungskraft, in den Vordergrund rücken.
Laut des Lehrbuches «DeutscheStilistik» von E.Schendels und E. Riesel kann man drei Gruppen dieserphraseologischen Wortfuegungen auszeichnen.
1)Es entstehtvielmehr eine semantisch neue Qualität,sozusagen eine chemische Verbindung(*1), deren Bestandteile ineinander verschmolzen sind.
Hierher zählen wir:
a)die mannigfachenArten der Idiome und
b)die Zwillingsformeln
Es handelt sich um phraseologischeFügungen, die einen Einzelbegriff ausdrücken; diese erste Untergruppebildet den Kern der expressiven Phraseologie.’
Der Name geht daraufzurück, dass hier unter den drei Möglichkeiten der Stilfärbungdie expressive Komponente dominiert. Insbesondere den Idiomen eignen allemöglichen Ausdrucksnuancen ( scherzhaft, spöttisch, satirisch,abwertend, feierlich, vertraulich u.a.m.), auf jeden Fall ist dieExpressivität deutlich spürbar.
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(*1) V.Schmidt
Stark ausgeprägt ist auch dienormativ-stilistische Komponente dieser Wendungen — vom Normalsprachlichen zumleicht und stark Gesenkten einerseits, zum Gehobenen und Gespreiztenanderseits.
2)Die zweiteUntergruppe, zwischen Wort-undSatzäquivalent stehend, bilden die stehenden Vergleiche. Sie sind imwörtlichen Sinn oder hyberbolisch überspitzt zu verstehen.
3).Die dritteUntergruppe der Phraseologismen bilden die Fügungen, die einengeschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen. Hierher zählen wir: Sprichwörter, Aphorismen, Sentenzen,Losungen. Der Gesamtsinn dieser Satzphraseologismen erwächst aus derSumme der einzelnen Lexeme in direkter oder übertragener (oftsymbolischer) Bedeutung.
2.IDIOME
Idiomesind Redewendungen, dessen feste (oftmetaphorische) Bedeutung von ihren einzelnen Teilen nicht abgeleitet werdenkann. Idiome benutzen oft spezielles lexikalisches Material, das nicht zu demgebräuchlichen Wortschatz der Sprache gehört.
Leicht verständlich sind die substantivischen und verbalen festen Wortfügungen,die dank derübertragenen Bedeutung nichtexpressiver Redewendungen unmittelbar erfasstwerden können (nach E.Riesel und E. Schendels): So z.B. dieWendungen mit Abstand( d.h. bei weitem) der beste;
jmdm. den Star stechen
( Star – Augenkrankheit; den Star stehen:1.den Star
operieren; 2. jmdmdie Augen öffnen)
Die Hauptmasse derIdiome besitzt umgangssprachliche Stilfärbung, in der Richtung zumSaloppen hin. Ziemlich gross ist die Zahl der groben Idiome. Auch hier bereitet die Abgrenzung zwischen deneinzelnen Punkten der Stilfärbungsskala grosse Schwierigkeiten. Der einehält Redewendungen wie:
Wasist dir schon wieder über die Leber gelaufen?
fürliterarisch-umgangssprachlich, der andere für salopp, ein dritterhält sie sogar für derb. Es ist aber durchaus nicht ausgeschlossen,dass ein vierter sie in der litetarischen Schriftsprache zulässt.
Bemerkenswert, dass Idiome auch als Lehnübersetzungen ausFremdsprachen übernommen werden können. So ist gerade in letzter Zeithäufig eine Wendung anzutreffen, die aus dem Englischen stammt: rund um die Uhr (schlafen, arbeiten)-d.h. 12 bzw.24 Stunden. Nach Küper soll dieser Ausdrück schon im 19.Jahrhundert ins Deutsche gedrungen sein.
Wie dem auch sei, wird heute dieserPhraseologismus in der Bedeutung “Tag und Nacht,ununterbrochen“ in der Presse und Publizistik sowie in der Sachprosa gernverwendet.Ein Beispiel dazu:
DasKraft- und Schleusenwerk am Eisernen Tor, von Rumaenien und Jugoslawiengemeinsam erbaut, ermöglicht das Passieren der gefährlichenStrommenge rund um die Uhr.
Im Stil der Alltagsrede wird dieserexpressive Ausdruck hyperbolisch gebraucht, so etwa in der Feststellung einesStudenten:
Vor der Prüfung sitze ich rund um die Uhr am Schreibtisch.
Wie aus den vorangehendenAusführungen ersichtlich ist, besteht die stilistische Leistung derideomatischen Phraseologismen hauptsächlich darin, das Gesagtebildkräftig, lebendig und emotional darzustellen, ihm Nachdruck undNachprämsamkeit zu verleihen.
Einenweiteren wichtigen Ausdruckswert kann man in ihrer Eignung als Mittel von Humor, Spott undSatire sehen. Zahlreiche Idiome enthalten schon an sich ein komisches odergroteskes Bild, so z.B.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl – einedeutliche
Aufforderung
unddie zugehoerigen Variationen :
ein Wink mit dem Laternenpfahl
ein Wink mit demSchneunentor
Bei manchenWendungen reizt die sprachliche Form selbst zum Lachen, so z.B. beinorddeutschem Idiom :
am dransten sein – als nächster ander Reihe sein
Als Spielart der Idiome kann man dieinterjektionsartigen Ausrufe in elliptischer oder in Satzform auffassen(*1),insofern sie die Grundbedingung dieses phraseologischen Typs erfühlen –das Verschmelzen der einzelnen Wortverbindungsglieder zu einer Sinneinheit, zu einer semantischen Ganzheit. Ihre normative Stilfärbung: lit.-umg.ueber sallop zu grob. Einige Beispiele:
Gerechter Gott! Gerechter Himmel!
Ach du meineGuete!
Himmel nocheinmal !
Himmel, Herrgott,Donnerwetter!
und eine ganze Mengelandschaftlich unterschiedlicher „Bandwurmphraseologismen“, die vielleicht dazudienen, durch die Länge der Ausrufe die Erregung abflauen zu lassen. Diederbe Wortgruppe Verflucht und zugenäht! ist sinngleich mit Verflixt(*2) und zugenäht! ( bei beidenIdiomen ist der Grund der Nebeneinnanderstellung gerade dieser Partizipienunklar).
Als nächste Spielart sei noch eine Gruppesubstantivischer Idiome genannt. Es sind die Wortfügungen des TypsAttribut+ Substantiv, bei denen entweder nur eine Komponente oder auch beide eine semantischeUmdeutung mitgemacht haben:
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(*1) Moskalskaja, Über idiomatischeSatzstruckturen
(*2) verhüllend fuer: verflucht
blinderPassagier – ein Passagier, der sich heimlich eingeschlichten hat undmitfährt- meist aufs Schiff oder ins Flugzeug
der schwarze Markt – illegaler Markt zuueberpreisen
schwarzes Gold – Kohle
Aus stilistischer Sicht könnte man hierher noch eine Untergruppefester Wortverbindungen hinzufügen, die allerdings nach strengstrukturell-semantischer Klassifikation als nichtphraseologischer Typbezeichnet wird. Es sind die nach dem grammatisch-stilistischen Modellgeformten Wendungen des Typs Substantiv + Präposition + Substantiv, wie:
Ein Adonis von einem Jungling
eine Nussschale von einemSchiff
DiesenWendungen liegen implizite Vergleiche zugrunde:
Ein Schiff, so klein wie eineNussschale
Einige Stilforscher zählen diesenexpressiven Typ unmittelbar zu den Metaphern. Für diese Annamekönnten Beispiele angeführt werden, wie etwa die literarisch –umgangssprachliche Wendung:
Gedicht voneiner Torte
Der Kaffe war gut,der Kuchenein Gedicht!
Eine kleine Variation enthalten dieFügungen des Typs: das Ideal voneinem Menschen, ein Vorbild von einem Studenten. Wenn bei den obengenanntenBelegen beide Substantive konkret sind, so ist hier das erste Substantiv einAbstraktum; dieses Model kann oft durcheine Genetivkonstruktion ersetzt werden: dasIdeal eines Menschen. In beiden Variationen verschmelzen die zwei Komponenten der Wortgruppe zu einem Einzelbegriff ( ein bildschöner Juengling, ein idealer Mensch)
Als Übergang zwischen Idiomen undSprichwörtern kann man die sprichwörtlichen Redensarten ansehen, diemeist ( aber nicht immer) in prädikativer Aussageform eine unzerlegbare Sinneinheit ausdrücken. So etwa:
Das kann einen Hund jammern –erbarmenschswert
Von dem nimmt kein Hund ein Stück Brot mehr – jmd.wird
von alleverachtet
Abwertendklingt auch die Redensart:
DieseMilchmädchenrechnung geht nicht auf
Wobeidas Kompositum einen Trugschluss, eine auf unsicherern Fakten aufgebauteRechnung bezeichnet.
Imgleichen Sinn :
EineMilchmädchenrechnung aufmachen – etwas Unsicheres oder Falsches als gültig darstellen
In der Presse kann man z.B. lesen, dass die Preispolitik der Grosshändler sichoft als Milchmädchenrechnung entpuppt, die den Werktätigen zum Schaden gereicht.
Zahlenmässigbedeutend geringer als die mannigfachen Idiome sind die Zwillingsformeln(Wortpaare) – vor allem die altueberlieferten. Sie drücken einen Begrifftautologisch aus
mit Muh und Not
zittern undzagen
oder durch zwei thematisch verwandte Lexeme
fix und fertig
bei Nacht undNebel,
seltener inantonymische Komponenten zerlegt
Himmel undHölle
Hier unddort
formalgebunden sind diese Wortpaare durch Alliteration
Gang und gäbe
Null undnichtig
durchAssonanz
kurzund gut
von echtem Schrot undKorn
oderdurch Reim
mit Sack undPack
auf Schritt undTritt
Wie immer hängen die einzelnen Komponenten derStilfärbung eng un einnander zusammen. Jmd.in Acht und Bann tun klingt etwas gewählt, weil diese Wendung aus deralten deutschen Rechtssprache kommt, daher auch ihr heute beschränkterGebrauchswert.Das Ach und Weh, angst und bang sind vollständigschriftsprachlich. Dass sie trotzdem in einnigen funktionalen Stilen nichtangemessen sind, liegt nur an ihrer Expressivität.Es wäre gewiss nicht am Platz, in einem linguistischen Kommenter zuschreiben:
Die etymologische Bedeutungdieses Wortes lässt sich nur mit Mühe und Not feststellen.
Esmuss heissen: …lässt sich nurschwer feststellen.
Als echt volkstümlichesNationalgut sind die Wortpaare in der Folklore zu Hause: im Märchen, inder Sage, im Rätzel, im Volkslied u.ä.Sie sind sofort zur Stelle, von sich um volkstuemliche Stilisierung handelt (vgl.In Goethes «Erlkoenig»): Durch Nacht und Wind
Mit Kron und Schweif
Mit Muhe und Not
An den Zwillingsformen läst sicheine interessante phonostilistische Erscheinung nachweisen. Wenn das Wortpaar ungleich lange Wörter ethält, steht zuerst daskürzere, dann das längere: Rossund Reiter Nie undnimmer
Zwischen Tür und Angel Lügen nach Strich und Faden
2.1. TYPEN VON IDIOMEN NACH IHRER SYNTAKTISCHENSTRUKTUR
PRIVATE «TYPE=PICT;ALT=( bullet)»Manche Idiome können wörtlich in die Zielsprache übersetzt werden.
z.B. das Kind mit dem Bade ausschütten
Andere Idiome werden übersetzt, indem man “dasgleiche Bild”, aber eine andereStruktur verwendet
z.B. ohne mit derWimper zu zucken
Viele Idiome können nur mit ihrer literalen Bedeutungüberetzt werden, (falls es in der Zielsprache kein entsprechendes Idiomgibt).
z.B.ein Wink mit dem Zaunpfahl
2.2.TYPEN VON IDIOMEN NACH IHRER “KOMPOSITIONSFAEHIGKEIT”
KompositionelleIdiome — ihre syntaktische Struktur ist modifizierbar (Adjektive können gesteigertwerden usw…); ihre einzelnen Teile zeigen auf “das Bild” der literalenBedeutung.
z.B. gute Karten haben (bessere Karten haben)
HalbkompositionelleIdiome — mindestens eine Komponente hat ihre ursprüngliche Bedeutung.
z.B. mit Argusaugen beobachten
NichtkompositionelleIdiome — diese sind weder syntaktisch, noch lexikalisch erweiterbar, ohne daßsie ihre idiomatische Bedeutung verlieren.
z.B. Nägel mitKöpfen machen (*gute Nägel mit Köpfen produzieren)
Es sind insgeasmt 71000 Idiompaare in derÜbersetzungsspeicher vorhanden. Diese sind nicht normalisiert und oftisoliert (Einträge ohne Kontext). Die automatische Übersetzung istnicht möglich. Diese Art Lexikon ist nur zum manuellen Nachschlagen gedacht.
z.B. Hand und Fußhaben
Was er macht hat Hand undFuß
2.3. DIE STEHENDEN VERGLEICHE
Die zweite Gruppe derexpressiven Phraseologie (zwischen Wort- und Satzäquivalent) bilden die stehenden Vergleiche. Die meistennormalsprachlichen Vergleiche haben bis auf die Gegenwart ihre Bildkraftbewahrt:
Fleissig wie eine Biene (Ameise) Schlank wie eine Gerte
Dünn wie ein ZwirnfadenEingrosser, vielleicht der grössteTeil der komparativen Phraseologismen ist lit.- umg. Über salopp bis grobgefärbt: dick wie einSack (Mehlsack)
dick wie ein Fass (eine Tonne) dick wie ein Schwein(eine Sau) Geld haben wieMist Stolzieren wie der Hahn auf dem Mist
Schreiben wie der Hahn auf dem Mist
Bedeutendseltener findet man in stehenden Vergleichen gewählte Stilfärbung:
Schön wie der jungeMaientag Zusammenbrechen wie ein Koloss aus tönernenFüssen
Zahlreiche stehende Vergleiche sind vonvornherein auf Witz und Groteske aufgebaut, so z.B. die verschiedenen Variationen des phraseologischenKlischees klar wie Kristall:
Klar wieKlossbrüne
wie dickeTinte
wie Schuhwichs wieZwetschenbrühe
wie Mehlsuppe
wie Torf u.a.
Alle dieseWendungen bedeuten: „hell, rein, völlig durchsichtlich“. Tatsächlichentspricht nur die erste (literarische)Fassung dieser Bedeutung; alle anderensind scherzhaft- ironisch gemeint. Denn Klossbrühne und Mehlsuppe sind milchig- trübe, dickeTinte, Torf und Schuhwichs völlig undurchsichtig ( bei „Schuhwichs“ wirktvielleicht der Glanz als Vergleichsmoment).
Wie aus dem eben angeführten Beispiel ersichtlich ist,neigen die phraseologischen Vergleiche zu Variotionen im Ausdruck ( teilsideographisch abgeschattet, teils territorial und zeitlich bedingt). In Umlauf sind z.B. folgende stehendeVergleiche als Zusatz zu dem Verbum lügen: lügen wie ein Lügenmeister
lügen Wie eineLeichenrede
lügen Wie geschmiert
lügen Wiegedruckt
lügen Wie im Buch/ inder Zeitung
lügen Wietelegraphiert
lügen WieMunchhausen
lügen Wie Goebbels
lügen Wie derWetterdienst
2.4. SPRICHWÖRTER
Die dritte Gruppe der Phraseologismen bildendie Fügungen, die einen geschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen.Hierher zählen wir: Sprichwörter,Aphorismen, Sentenzen, Losungen. Der Gesamtsinn dieser Satzphraseologismenerwächst aus der Summe der einzelnen Lexeme in direkter oderübertragener (oft symbolischer) Bedeutung.
Unterden Phraseologismen, die einen geschlossenen Gedanken in Satzform mitteilen,seien vor allem die Sprichwörter genannt. Sie sind altes Nationalgut –Volksweisheit, die mündlich überliefert ist. Eigentlich könnteman sie wegen ihrer geschlossenen Form als einfachstes Genre der Volksdichtungbezeichnet.Gleichzeitig können sieaber auch als Untergruppe der expressiven Phraseologie angesehen werden, da sieeinen festen Bestandteil der emotionalen Rede bilden.
DemInhalt nach sind die Sprichwörter meist lehrhaft, mit begrifflicherVerallgemeinerung, symbolischer oder allegorischer Deutung. Ihre normativeStilfärbung ist normalsprachlich oder literarisch-umgangssprachlich:
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Eine Hand wäscht die andere.
Schmeichler sind Katzen, die vorne lecken und hintenkratzen.
Sie können auch gesellschaftskritischenCharakter haben. Mit dem politischen Heranwachsen der Arbeiterklasse entstand das Sinnbild der geballten Faust und damit auch diesprichtwörtlich Redensart: Fünf Finger sind eine Faust
Pr.Lewandowskistudierte dieses Thema schon lange Zeit.Er interessierte sich fuer dieVolkskultur, und zwar fuer die Sprichwoerter, Zitate, Loesungen. Er zog eineParallele zwischen Sprichwoerter und Zitaten.
Lautder Meinung von Pr. Lewandowski kann man sagen, dass nicht jede vielbenutztesprachliche Formel ein Sprichwort ist. Jedoch beschrieb Pr. LewandowskiSprichwoerter als
“… feste Wortverbindungen, die aus vollstaendigen bzw. formal undinhaltlich abgeschlossenen Saetzen bestehen, die bestimmte Erfahrungen, Meinungenoder Anschauungen darstellen und durch sowohl unveraenderten als auch haeufigenGebrauch Gemeingut einer Sprachgemeinschaft geworden sind …”
undgrenzt sie damit zwar gegen Redewendungen ab, die im Gegensatz dazu nichtsyntaktisch abgeschlossen sind, sondern in einen Satz eingeflochten werdenmuessen, jedoch ist mit dieser Definition das Problem verbunden, dass sie eineweitere Art oft verwendeter Sprachformeln nicht ausschliesst: das Zitat. Eineaussageaehnliche – wenn auch umfassendere – Definition findet sich im LEWANDOWSKI LEXIKON SPRACHE:
«Das Sptichwort ist eine feste Wendung (invariable Konstruktion)mit lehrhafter Tendenz, die sich alsLebensweisheit empfiehlt. Es gehoert zum festen lexikalischen Bestand einerSprache und hat oft eine uebertragene(metaphorische) Bedeutung, die nichtidentisch mit dem unmittelbar im Satz mitgeteilten Sachverhalt ist …»
Auf das Abgrenzungsproblem von Zitatund Sprichwort geht Lewandowski imVorwort zu seinem Lexikon der Sprichwoertlichen Redensarten ein. ImZusammenhang mit der Frage nach dem «Gebrauchsbeginn» einersprichwoertlichen Redensart fuert eraus, dass treffende Formulierungen in den allgemeinen Sprachgebrauchuebernommen werden koennen, wobei
«Haeufigkeit und Anonymitaet ihresAuftretens»charakteristisch fuer die Verwendung als Sprichwortseien:
«Ein Zitat wird dann zu einerRedensart, wenn es anonym, verfuegbar geworden ist, wenn eben nicht mehr‚zitiert’ wird. In dem Augenblick, wo bei einem Zitat der literarische Urhebervergessen wird, ist der Schritt zur Redensart schon getan.»
Nach der Meinung von E.Riesel und E.Schendels koennen Redewendungen, Aussprüche, Zitateund sprichwörtliche Redensarten, je nachdem, ob sie als Impuls oder als Beleg eingesetzt werden, denAusgangs- oder Endpunkt von Überlegungen über den Text bilden. Ihrewichtigste Aufgabe ist die Absicherung der Aussagen des Schreibers durch denText. Ein Zitat sollte außer dem Wortlaut der zitierten Textstelle auchdie Angabe der Fundstelle enthalten (Zahl der Seite, Strophe, Zeile usw.).
Oft ist ein Zitat mitbloßen Anführungszeichen nicht ausreichend gekennzeichnet durchSatzzeichen (Doppelpunkt, Klammern), aber auch durch direkte Ankündigungen(z. B. «wie er sagt») oder Kennzeichnungen («dieser Wunsch derSpinnerin») können zusätzliche Signale gesetzt werden.
DieSprichwörter mit grober Stilfärbung, im 16. Jahrhundert einehäufige Erscheinung, sind heute zum gröstem Teil ins historischeArhiv eingegangen.
Diese festen Wendungen, in denen sich einerseitsallgemeine Einstellungen niederschlagen und die andrerseits solcheEinstellungen verstärken, sind ein wichtiger Beitrag zur Alltagskultur.Man verwendet sie häufig, vielleicht noch häufiger aber bezieht mansich auf sie oder spielt, z. B. in Zeitungsschlagzeilen. Die Kenntnis diesesVolkswissens, ausgedrückt in Redewendungen, die als bekannt vorausgesetztwerden, ist eine bedeutsame Komponente des sprachlichen Aspekts dersoziokulturellen Kompetenz.
DieSprache ist das Mittel der Dichtung, der Philosophie, der Wissenschaft und alldessen, wo im Geiste über Dinge gehandelt wird, die uns nicht unmittelbarbetreffen.
Diegefluegelten Woerter aller Type sind von sehr komplizierter Natur. Einerseitsstellen sie bestimmte sprachliche Klischées dar, die gewöhnlichenPhrasiologismen ähnlich sind, sich aber von diesen durch direkte undindirekte (bildhafte) Motivierung allgemeinen Sinnes unterscheiden; zum anderensind das logische (genauer: logisch semiotische) Gebilde, die dieses oder jenesVerhältnis zwischen den Objekten modellieren; und drittens sind dasPhänomena der Folklore, die in prägnanter künstlerischer Gestaltdie Momente der Wirklichkeit widerspiegeln.
Wie in jedem Genre der Folklore finden ingefluegelten Woerter alle sprachlichen, geographischen, geschichtlichen undanderen Eigentümlichkeiten des Volkes ihren Ausdruck. Zugleich aber gibtes zwischen den Sprüchen verschiedener Völker sinmässigausnehmend viel Ähnliches. Die herkömmlichen Ergründ